Mittelhochdeutsch |
Übersetzung
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Dô der liebe summer |
Nachdem der schöne Sommer
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ureloup genam, |
sich verabschiedet hatte,
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dô muose man der tänze |
musste man auf die Tänze
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ûfm anger gar verphlegen. |
auf der Wiese verzichten.
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des gewan sît kummer |
Seitdem hatte auch
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der herre Gunderam: |
Herr Gunderam Kummer:
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der muose ouch sîn gestränze |
Er musste unterwegs auch seine Angeberei
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dô lazzen under wegen. |
auf der Strecke lassen.
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der ist bickelmeister disen winder: |
Er ist diesen Winter der Aufseher beim Würfelspiel:
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oeder gouch ist in dem lande ninder, |
Einen dummen Narren gibt es in diesem Land keinen.
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sîn rûmegazze kaphet zallen zîten wol hin hinder. |
Sein Gassenräumer gafft wohl immer zum Hintern.
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Waz er an den meiden |
Was er den Mädchen
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wunders dâ begât, |
schreckliches angetan hat,
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ê daz mîn vrouwe Schelle |
Noch bevor seine Dame Glocke
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volender ir gebot! |
aufgehört hat zu schlagen!
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erst vil unbescheiden, |
Er ist sehr rücksichtslos,
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wan swelhe er bestât, |
nur, wer sich dem Herrn nähert,
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diu wirt von slegen helle |
der wird ganz weiß von den Schlägen
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und mîdende den spot; |
und meidet jeden Spot;
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dâ von lâzen alle ir smutzemunden, |
Deshalb sollen alle mit dem Schmunzeln aufhören,
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des die jungen niht verheln enkunden! |
dass die Jungen nicht verbergen können!
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des hât ir hant von solher meisterschefte dicke enphunden. |
Darum hat ihre Hand durch diese Macht schon oft gelitten.
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Immer, sô man vîret, |
Immer wenn sie feiern,
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sô hebent sî sich dar |
brechen sie
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mit einer samenunge, |
zu einer Versammlung auf,
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den ich wol schaden gan. |
der ich von Herzen Unglück wünsche.
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Werenbreht der lîret, |
Werenbrecht spielt auf der Leier
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sô sumbert Sigemâr. |
und Sigemar spielt die Geige.
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daz in dâ misselunge, |
Dass ihm das misslingt,
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daz laege et eben an! |
das wäre sehr passend!
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daz sich doch vil lîhte mac verrîden: |
Das ließe sich sicherlich umkippen:
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wellents ir getelse niht vermîden, |
Wenn ihr mit dem Trubel nicht aufhören wollt,
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sich mugen zwêne an mîner weibelruoten wol versnîden. |
werden sich ein paar an meinem Schwert verletzen.
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Koeme ich zeinem tanze, |
Käme ich zu einem Tanz,
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dâs alle giengen bî, |
an dem alle teilnehmen,
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dâ wurde ein spil von hende |
dann gäbe es Heinen Wettkampf mit Händen
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mit beiden ekken zuo. |
und geschlossenen Schwertschneiden.
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lîhte geviele ein schanze, |
Leicht ergäbe sich die Chance,
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daz vor mir laegen drî. |
dass vor mir drei lägen.
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ich hielte ez âne wende, |
Ich hielt es sicher,
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verbüte ez einer vruo. |
unterbände es einer zur rechten Zeit.
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sige und saelde hulfen mir gewinnen, |
Übermacht und Glück verhalfen mir zum Sieg,
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daz si halbe müesen dan entrinnen. |
sodass sie fast hätten davonkommen müssen.
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nu ziehen ûf und lâzen in ir gogelheit zerinnen! |
Nun macht euch auf und hört mit der Ausgelassenheit auf!
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Sîne weidegenge |
Seine Jagdausflüge,
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die verewent mich grâ, |
machen mir graues Haar,
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swenn er verwendeclîchen |
wann auch immer er übermütig
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vür mîne vrouwen gât. |
zu meiner Herrin geht.
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trîbet erz die lenge, |
Treibt er es auf Dauer,
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bestât er danne dâ, |
und bleibt dabei,
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man hilft im ûz der kîchen, |
hilft man ihm aus seinem Keuchen,
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daz er vil riuwic stât. |
dass er mit Reue dasteht.
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er und etelîcher sîn geselle, |
Ihn und viele seiner Freunde,
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den ich tanzent an ir hant ersnelle, |
die ich tanzend an ihrer Hand erwische,
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des sî gewis, ich slahe in, daz sîn offen stât ein elle! |
das sei gewiss, die schlage ich, dass ihm der Arm offen klafft!
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Im hilft niht sîn treie |
Weder sein Wams
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noch sîn hiubelhuot; |
noch sein Helm werden ihm helfen;
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ez wirt im in getrenket: |
man wird sich an ihm rächen:
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er zuhte ir einen bal. |
Er entriss ihr einen Ball.
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erst ein toerscher leie; |
Er ist ein törichter Dummkopf;
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sîn tumbelîcher muot |
seine begriffsstutzige Gesinnung
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der wirt im dâ bekrenket. |
wird ihn dabei zu Fall bringen.
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wil er vür Riuwental |
Will er vor Reuental
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hin und her sô vil gewentschelieren, |
herumstreifen,
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er wirt wol zeteiset under vieren. |
wird er wohl, wie so viele, zerzaust.
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her Werenbreht, waz mag ich des, wirt im der umberieren? |
Herr Werenbrecht, was kann ich dafür, wird etwas für ihn übrig bleiben?
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Die wîl ich die klingen |
Solange ich die Klinge
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um mîne sîten trage, |
bei mir tragen,
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sô darf mir durch mîn sumber |
so kann mir niemand
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niemen stechen nieht. |
durch mein Geflecht stechen.
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er mouz vil wîte springen: |
Er sollte sehr weit springen:
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begrîfe ichn mit dem slage, |
erwische ich ihn mit dem Schlag,
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ich slahe in, daz er tumber |
ich schlage ihn, dass er
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schouwet nimmer lieht. |
kein Licht mehr sieht.
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ich hilf im des lîbes in den aschen |
Ich bringe ihn in den Schmutz
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und slah im mit willen eine vlaschen, |
und gebe ihm mit Absicht einen Hieb,
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daz im die hunt daz hirne ab der erde müezen naschen. |
dass ihm die Hunde das Gehirn von der Erde lecken können.
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Her Nîthart hât gesungen, |
Herr Neidhart hat so gesungen,
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daz ich in hazzen wil |
dass ich ihn hassen werde
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durch mînes neven willen, |
meinem Verwandten zuliebe,
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des neven er beschallt. |
dessen Verwandten er beleidigte.
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lieze ers unbetwungen! |
Es ließ in unbekümmert!
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es ist im gar ze vil. |
Es ist ihm zu viel.
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enpflæge er sîner grillen |
Er hat seine Marotten
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und het ouch der gewalt! |
und auch Macht!
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ez ist ein schelten, daz mich freuden letzet. |
Es ist ein Drohen, das mich der Freude beraubt.
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wirt diu weibelroute mir gewetzet, |
Wird mir das Gerichtsschwert gewetzt,
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ich trenne in ûf, daz man wol einen sezzel in in setzet. |
schlitze ich ihn auf, sodass man einen Sessel in ihn setzen könnte.
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Mittelhochdeutsch |
Übersetzung
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Heid, anger, walt in fröuden stât; |
In Freuden stehen Feld, Wiese und Wald:
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diu hânt sich bereitet mit ir besten wât. |
Die Herrschaften kleiden sich in bestem Gewand.
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die in der meie hât gesant. |
Die ihnen der Mai gebracht hat.
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sî wir alle |
Wir alle sind froh
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frô mit schalle! |
und jubeln!
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sumer ist komen in diu lant. |
Der Sommer zieht ein ins Land.
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Wol ûz der stuben, ir stolzen kint, |
Kommt aus der Stube, ihr übermütigen Kinder,
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lât iuch ûf der strâze sehen! hin ist der scherfe wint |
lasst euch auf der Straße sehen! Vorüber ist der beißende Wind
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unde ouch der vil kalte snê. |
und der bitterkalte Schnee.
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hebt iuch balde |
Macht euch bald
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zu dem walde! |
zum Wald auf!
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vogelîn singent, den was wê. |
Die Vögelein singen wieder, ihnen ging es lange schlecht.
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Diu sint ergetzet leides gar. |
Sie sind von Leid erfüllt,
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ir sult mirz gelouben! nemt sîn selbe war, |
das müsst ihr mir glauben! Nehmt selbst wahr,
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waz der sumer erzeiget hât! |
was der Sommer geleistet hat!
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er wil rîchen |
Er wird uns sicher
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sicherlîchen |
glücklich machen
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manegen boum mit loubes wât. |
mit vielen Bäumen im Blättergewand.
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Die nû vor grôzer huote megen, |
Die, welche nun unter großer Beobachtung stehen wollen,
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die suln balde ir bestez vîrtacgewant an legen, |
sollen sich bald in ihrem prächtigsten Feiertagsgewand kleiden,
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lâzen sich dar inne ersehen! |
und sich darin sehen lassen!
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wir suln schouwen |
Lasst uns
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vor der ouwen |
bei der Wiese zusehen,
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maneger hande bluomen brehen. |
wie unzählige Hände Blumen von Hand pflücken.
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Swie Riuwental mîn eigen sî, |
Auch wenn Reuental mein Eigentum ist,
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ich bin disen sumer aller sorgen frî, |
ich habe diesen Sommer keine Sorgen,
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sît der winter ist dâ hin. |
seit der Winter vorüber ist.
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ich wil lêren |
Ich will die jungen Leute lehren
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die jungen êren |
die Freude zu verherrlichen:
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freude: dar nâch stêt mîn sin. |
Danach steht mir der Sinn.
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Mittelhochdeutsch |
Übersetzung
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"Uns wil ein sumer komen", |
"Der Sommer ist auf dem Weg zu uns",
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sprach ein magt: "jâ hân ich den von Riuwental vernomen |
sprach ein Mädchen: "Ja ich habe den Riuwental vernommen
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jâ wil ich in loben. |
und ich will ihn preisen.
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mîn herze spilt gein im vor vreuden, als ez welle toben. |
Mein Herz hüpft ihm vor Freude entgegen, als sei es außer sich.
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ich hœr in dort singen vor den kinden. |
Ich höre ihn dort singen vor den jungen Leuten.
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jâne will ich nimmer des erwinden, |
Ich möchte nie mehr, dass es aufhört,
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ich springe an sîner hende zuo der linden." |
ich springe an seinen Händen zu der Linde."
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Diu muoter rief ir nâch: |
Die Mutter rief ihr nach:
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sî sprach: "tohter, volge mir, niht lâ dir wesen gâch! |
Sie sagte: Tochter, folge meinem Rat und beeile dich nicht!
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weistû, wie geschach |
Weißt du denn nicht,
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dîner spilen Jiuten vert, alsam ir eide jach? |
was deiner Gespielin Jiuten gleichsam passiert ist?
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der wuohs von sînem reien ûf ir wempel, |
Ihr Bäuchlein wuchs durch seine Tanzmusik
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und gewan ein kint, daz hiez sie lempel. |
und sie bekam ein Kind, das hieß Lempel.
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alsô lêrte er sî den gimpelgempel." |
So lehret er ihr den Gimpelgempel."
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"Muoter, lât iz sîn! |
"Mutter, hör auf damit!"
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er sante mir ein rôsenschapel, daz het liehten schîn, |
er hat mir einen Rosenkranz geschenkt, der so schön aussieht,
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ûf daz houbet mîn, |
und ihn mir auf den Kopf gesetzt,
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und zwêne rôte golzen brâhte er her mir über Rîn: |
und zwei rote Schuhe brachte er mir über den Rhein:
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die trag ich noch hiwer an mînem beine. |
Die trage ich noch immer an meinen Füßen.
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wes er mich bat, daz weiz niwan ich eine. |
Worum er mich gebeten hat, das weiß nur ich alleine.
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jâ volge ich iuwer ræte harte kleine." |
deshalb werde ich euren Rat auf keinen Fall befolgen."
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Der muoter der wart leit, |
Die Mutter war es leid,
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daz diu tohter niht enhôrte, daz si ir vor geseit; |
dass die Tochter ihre Warnungen nicht erhören wollte;
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iz sprach diu stolze meit: |
Das stolze Mädchen sprach:
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"ich hân im gelobt: des hât er mîne sicherheit. |
"Ich habe ihm versprochen: "Meine Treue ist immer sicher.
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waz verliuse ich dâ mit mîner êren? |
Warum sollte ich deshalb mein Ansehen verlieren?
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jâne wil ich nimmer widerkêren, |
Ich will nicht mehr heimkehren,
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er muoz mich sîne geile sprünge lêren." |
er muss mir seine fröhlichen Tänze beibringen."
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Diu muoter sprach: "wol hin! |
Die Mutter sprach: "Dann geh!
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verstû übel oder wol, sich, daz ist dîn gewin. |
Ob es dir gut oder schlecht geht, das liegt in deiner Hand.
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dû hâst niht guoten sin. |
Du bist nicht bei Verstand.
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wil dû mit im gein Riuwental, dâ bringet er dich hin. |
Willst du mit ihm ins Reuental, da wird er dich hinbringen.
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alsô kan sîn treiros dich verkoufen. |
So wird sein Lied dich aufkaufen.
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er beginnt dich slahen, stôzen, roufen |
Er wird dich schlagen, verletzen und prügeln
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und müezen doch zwô wiegen bî dir loufen." |
und dennoch müssen zwei Wiegen bei dir laufen."
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Mittelhochdeutsch |
Übersetzung
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Wi überwinde ich beide |
Wie soll ich beides überstehen,
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mîn liep und die sûmerzît? |
meine verlorene Liebe und Sommerzeit?
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ine kan die wolgetânen schiere niht verklagen. |
Ich kann die Schönen beinahe nicht verklagen.
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von sô grôzem leide, |
Von so großem Kummer,
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mir riuwe âne vröude gît, |
mir Reue ohne Freude gibt,
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trûre ich wol von schulden nû ze disen trüeben tagen, |
trauere ich nun in diesen trüben Tage,
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di uns den winder kündent, der uns manger vröude roubet. |
die uns der Winter verkündet und uns so manche Freude raubt, im Verborgenen.
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sanges habent sich diu kleinen vogelîn geloubet: |
Die Vögel haben gelobt zu singen:
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alsô möhte ich wol mit mînem sange stille dagen. |
So will ich nun mit meinem Gesang still schweigen.
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Sol mich niht vervâhen |
Wenn
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mîn trôst und mîn wân, |
meine Zuversicht und mein Glaube mich nicht ergreifen,
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sô enweiz ich, was genâden ich mich trœsten mac. |
weiß ich nicht, mit welchem Glück ich mich trösten kann.
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wol mac ir versmâhen |
Ihr mögt wohl meinen Dienst
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mîn dienest, den ich ir hân |
verschmähen, den ich ihr lange
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lange her geleistet und des ie mit triuwen phlac. |
und aufrichtig geleistet habe.
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alsô phlæge ichs immer gerne, möhte ich des geniezen, |
So tue ich es immer gerne und und möchte es mir zu nutze machen,
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sô daz mich die dörper mînes lônes iht verstiezen. |
damit die Bauern mir meinen Lohn nicht absprechen.
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des ist Uoze grîfic und sîn rûher schavernac. |
Danach lechzt Uoze und nach seiner rauen Pelzmütze.
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Engelwân und Uoze |
Engelwan und Uoze,
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die zwênè sint mír geház |
ich hasse die beiden
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(schaden unde nídes muoz ich mich von in versehen) |
(Vor Schaden und Eifersucht muss ich mich bei diesen beiden in Acht nehmen)
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und der geile Ruoze: |
und der übermütige Ruoze:
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wie tíuwèr er sích vermáz, |
Wie ungehörig vornehm er sich gab und glaubte,
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der bestüende mich durch sí! die drîe widerwehen |
sich gegen mich stellen zu können! Die drei stellen sich mir
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râtent unde brüevent, daz ich ane lôn belîbe. |
beratend und beweisend gegenüber, dass ich ohne Lohn zurück bleibe.
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niht envolge ir lêre, vrouwe, liebist aller wîbe! |
Folge nicht ihren Befehlen, Geliebte, liebste aller Frauen!
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lone mîner jâre; lâz in leit an mir geschehen! |
Belohne mich für meine Jahre; Lass mir kein Leid widerfahren!
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Vrouwe, dîne güete |
Geliebte, deine Güte
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di erkénne ìch sô mánicvált, |
zeigt sich mir auf so vielfältige Weise,
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daz ich liebes lônes von dir noch gedingen hân. |
dass ich auf deine Liebe als Lohn fest hoffe.
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daz mich ie gemüete, |
Da ich mich immer
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die spränzlér und ír gewált, |
um die Bauern und ihre Gewalt sorgte,
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daz was mit den bluomen hin. nu wil mir Engelwân |
war es mit den Blumen vorbei. Nun will Engelwan mich von deiner
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dîne hulde verren: daz im müeze mísselingen, |
Geneigtheit fern halten: Das muss ihm misslingen,
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sô daz hundert swert ûf sînem kophe lûte erklingen! |
mögen hundert Schwerter auf seinem Kopf laut klirren!
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snîdent sî ze rehte, sî zerüttent im den spân. |
Sie sollen ihm gehörig ins Kerbholz schneiden und es zerstören.
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Seht an Engelwânen, |
Seht Engelwan an,
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wie hôhe ér sîn hóubet tréit! |
wie hoch er sein Haupt trägt!
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swanne er mit gespannem swerte bî dem tanze gât, |
Wann immer er mit gespanntem Schwert zum Tanze geht,
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sô ist er niht âne |
fehlt es ihm nicht
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der vlaemìschen höveschéit, |
an flämischer Ritterlichkeit,
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dâ sîn vater Batze wênic mit ze schaffen hât. |
da sein Vater Batze wenig mit ihm zu tun hat.
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nu ist sîn sun ein oeder gouch mit sîner rûhen hûben: |
Nun ist sein Sohn ein törichter Narr mit seiner rauen Mütze:
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ich gelîche sîn gephnaete ze einer saten tûben, |
Ich vergleiche sein Schnauben mit dem einer gesättigten Taube,
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diu mit vollem krophe ûf einem korenkasten stât. |
die bis zum Kropf in einem Kornspeicher steckt.
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Swer in siner tougen |
Wer auch immer in seinem Inneren
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ie liep ode leit gewan, |
je Glück oder Leid erfahren hat,
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dem sint mine sorgen und min kumber wol bekant. |
der kennt meine Sorgen und meinen Kummer.
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sit ich minen ougen |
Seitdem ich meinen Augen
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den stic niht verbieten kan, |
den Stich nicht verhindern kann,
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si enblicken hin, da Rouze tanzet an ir hant, |
müssen sie mit ansehen, wie Route an ihrer Hand tanzt,
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so verlaze ich kume, deich mich selben niht enroufe: |
So gehe ich schweren Herzens, dass ich mich selbst nicht raufe:
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solhen wehsel nement, die da minnent, an ir koufe. |
Solch einen Rückschlag nehmen die, die lieben in Kauf.
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Minne, la mich vri! mich twingent sere diniu bant. |
Liebe, lass mich frei! Deine Fesseln bringen mich in Not.
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Minne, dine snüere |
Liebe, deine Schnüre
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die twingent daz herze min, |
erdrücken mein Herz,
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daz ich han ze strite wider dich deheine wer. |
mit dem ich gegen dich gekämpft habe.
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swie verholne ich rüere |
Wie leise ich auch
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den zimbel der zelle din, |
die Glocke zu deiner Kammer anstoße,
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so bin ich betwungen des, daz ich dir hulde swer. |
so bin ich gezwungen, mich mit dir zu versöhnen.
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vrouwe Minne, din gewalt ist wider mich ze strenge; |
Frau Minne, deine Macht ist zu stark für mich;
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küneginne, diner ungenade niht verhenge, |
Königin, verhänge nicht deine Ungnade über mich,
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daz si mich verderbe! ja ist si über mich ein her. |
dass sie mich womöglich zugrunde gehen lässt! Ja sie ist meine Gebieterin.
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Mittelhochdeutsch |
Übersetzung
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Winder, uns wil dîn gewalt |
Winter, deine Macht
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in die stuben dringen |
will uns von der großen Linde weg
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von der linden breit: |
in die Stube drängen:
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dîne winde die sint kalt. |
Denn deine Winde sind kalt.
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lerche, lâ dîn singen! |
Lerche, hör auf zu singen!
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dir hât widerseit |
Beide, der gefrorene Tau und auch der Schnee
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beide rîfe und ouch der snê; |
widersprechen dir;
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dû muost stille swîgen: |
Du musst still sein:
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sô klag ich den grüenen klê. |
Während ich mich nach dem grünen Klee sehne.
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meie, ich wil dir nîgen; |
Mai, ich will mich vor dir verneigen;
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mir tuot der winder wê. |
mir tut der Winter weh.
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Tanzet, lachet, weset vrô! |
Tanzt, lacht und seid froh!
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daz zimt wol den jungen |
Das gehört sich so für die Jungen
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disen winder lanc. |
diesen Winter lang.
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iu ze stiuwer gibe ich sô |
Um euch zu helfen, schenke ich euch
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hiwer von mîner zungen |
heuer von meiner Zunge
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einen niuwen sanc, |
ein neues Lied,
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daz ir âne swæren muot |
damit ihr ohne schmerzliches Empfinden
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vreude mugt erbîten. |
Freude erlangen mögt.
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Engelmâr, dîn stube ist guot: |
Engelmar, deine Stube ist gut:
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küele ist an der lîten. |
Kühl ist es am Bergabhang.
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der winder schaden tuot. |
Der Winter schadet uns allen.
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Etzel, Ruoze und Adelber |
Etzel, Ruoze und Adelber
|
und der geile Rüele |
und der üppige Rüele
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zesamen hânt gesworn |
haben sich alle
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alle ûf einen dörper hêr: |
gegen einen Bauern verschworen:
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derst von Wîtenbrüele |
Der kommt aus Wîtenbrüele
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und brüevet grôzen zorn. |
und erwies sich als zornig.
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daz enkunde ich ê noch sît |
das erfuhr ich noch bevor
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nie voltagedingen, |
der Wettkampf begann,
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Rüele enwolte enwiderstrît |
Rüele fing beim Tanz
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an dem reien springen: |
an zu streiten:
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daz was Lanzen nît. |
Das wollte Lanzen nicht.
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Lanze eine treien treit, |
Lanze trägt einen Wamms,
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diu ist von barchâne, |
der aus einem dicken Baumwollstoff besteht,
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grüene alsô der klê. |
grüner als der Klee.
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ze wîge hât er sich bereit: |
Zur Weihe hält er sich bereit:
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er lebet in dem wâne, |
Er lebt in dem Glauben,
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daz im niht widerstê. |
dass ihm nichts und niemand Wiederstehen kann.
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dar in er gesteppet hât |
darin hater sich
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ein guot îsnîn hemde. |
ein gutes Eisenhemd genäht.
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limmende als ein ber er gât; |
Er knurrt wie ein Bär;
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guot muot ist im vremde. |
gute Stimmung ist ihm fremd.
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erst kint, der in bestât. |
nur die Kinder bestätigen ihn.
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Lanze der hât noch die frünt, |
Lanze der hat noch Freunde,
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die in niht enlâzen, |
die ihn nicht los lassen,
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swie gar er sî ein kint. |
als sei er ein Kind.
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drî hân ich iu schiere gekünt, |
Drei habe ich sogleich erkannt,
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die im ûf der strâzen |
die ihm auf der Straße
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bîgestendic sint: |
beigestanden haben:
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Îsenbolt und Îsenhart |
Îsenbolt und Îsenhart
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und der junge Vrîte. |
und der junge Vrîte.
|
Rüele der wart nie sô zart, |
Rüele war nie so lieb,
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er waer an dem strîte |
der wurde von dem Streit
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ze verhe wol bewart. |
wohl verschont.
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Sô lâz wirs vehten umb den lîp. |
So lasst uns um unser Leben kämpfen.
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und gê wir zuo dem tanze: |
Wir gehen zum Tanze:
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dâ spring wir schône enbor. |
Da springen wir auf freundliche Weise in die Höhe.
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nu wol ûf, meide und jungiu wîp, |
Nun wohl auf, Mädchen und junge Frauen,
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Afrâ, Englîn, Franze, |
Afrâ, Englîn und Franze
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diu will uns singen vor. |
wollen uns vorsingen.
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Metze beit ................. |
Metze zögert...
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und kumet Adelheite |
und kommt Adelheit
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und über ... Engellint |
und über...Engellint
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und Irmengart gmeite, |
und die fröhliche Irmengart,
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daz sint gar schoeniu kint. |
das sind sehr schöne Töchter.
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Mittelhochdeutsch |
Übersetzung
|
|
I
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Der swarcze dorn ist worden weis, |
Der schwarze Dorn ist weiß geworden,
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nun hat der maie seinen vleis |
nun hat sich der Mai
|
geleget an den anger, |
auf dem Ackerland bemerkbar gemacht,
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gar zergangen ist der schne, |
geschmolzen ist der Schnee,
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man siht hewer aber als ee |
man sieht jetzt wieder
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die liechten plumblein swanger. |
die leuchtenden Blümlein blühen.
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der maie hat die veld gar schön beseczet |
Der Mai hat die Felder mit
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mit gamillen plúmlein fein, |
schönen Kamillenblüten übersät,
|
fro so singen die vogelein, |
vergnügt singen die Vögelchen,
|
irs laids sind sie ergeczet. |
sie haben ihr Leid schon vergessen.
|
|
II
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Da fúr ich lob die rainen weib, |
Dafür lobe ich die Frauen, die frei von Sünden sind,
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der wolgetraut globter leib |
der wohlgetraut gelobte Leib
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kan pringen hoch gemúte. |
kann ein edles Gemüt hervorbringen.
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die sich vor valsche hand behút, |
die, welche sich vor falschen Händen hütet,
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die lob ich fur alles gut, |
die werde ich für alles tüchtig loben,
|
so wol dir, weibes gute! |
Wohl dir, gute Frau!
|
weib, behalt dein er, das will ich dir raten, |
Frau, behalte deine Ehre, das rate ich dir!
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durch dein frölich weiblich zucht |
durch deine fröhliche weibliche Erziehung
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weib, du auserwelte frucht, |
Frau, du auserwählte Frucht,
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la túme minner braten! |
lass den törichten Liebhaber plaudern!
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III
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Nun sung ich gern der frawen mein, |
Nun singe ich gerne für meine Frauen,
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so irret mich ein ander pein, |
aber es stört mich etwas anderes,
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ich sahe die dörper raien |
ich sah die Bauern, wie sie sich
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gar uppiglichen auf dem plan, |
übertrieben auf dem freien Platz versammelten,
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baide, frawen unde man, |
alle, Frauen wie Männer,
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die empfiengen schön den maien. |
so empfingen sie den schönen Mai.
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her langer Lancze, daz sult ir mir rechen, |
Herr lange Lanze, das sollt ihr mir rechen,
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darczu so clag ich euch, herr Pflug, |
dazu werde ich euch anklagen, Herr Pflug,
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ir rechet mir diesen ungefug, |
ihr werdet diesen Unsinn rechen,
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das in ir rúcken brechen. |
dass ihnen ihre Rücken brechen.
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IV
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Ich kam dohin gein Zeisselmaur, |
Ich kam in Richtung Zeisselmaur,
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die fart ward mir eins tails zu sawer, |
auf der Fahrt wurde mir oft übel,
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ich hört da fremde mere. |
ich hörte dort seltsame Geschichten.
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do fand ich einen lobetancz |
Da sah ich einen Ehrentanz
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und von rosen mangen krancz, |
und so manche Rosenkränze,
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zergangen was mein swere. |
so vergaß ich meine Schmerzen.
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ich zogt zu einem wirte, der was ziere, |
Ich begab mich zu einem prächtigen Gastwirt,
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des ward Engelmair gewar, |
dem Engelmar schaden zugefügt hatte,
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elen weit was im sein har, |
Ellen lang war sein Haar,
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da hin so eilt er schiere |
da eilte er schnell davon
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V
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zu vierczig gattelingen gut, |
zu gut vierzig Gesellen,
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uppiglich stund in ir mut, |
Eitelkeit begleitete ihren Übermut,
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die tanczten bei der linden. |
sie tanzten um die Linde.
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er sprach: "herr Neithart der ist hie, |
Er sprach: "Herr Neidhart der ist hier,
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der uns gespöttes nie erlie, |
der uns mit seinem Spot nie in Ruhe gelassen hat,
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wol auf, das wir in finden. |
wohl auf, dass wir ihn finden.
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ir solt euch keines argen nicht gedencken, |
Ihr sollt euch keine sorgenvollen Gedanken machen,
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ir get mir zúchtiglichen nach, |
ihr geht folgt mir diszipliniert nach,
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auch seit zu fechten nicht zu gache, |
seit auch beim Fechten nicht zu schnell,
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wir sond im frolich schencken." |
wir werden ihm fröhlich einschenken."
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VI
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Vierczig käntelin mit wein |
Sie trugen vierzig Käntlein Wein
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sie trungen in ein gertelein, |
in ein Gärtchen,
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gar gros was ir geraisse: |
so groß war ihr Hass:
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"seit got wilkum, herr Neithart, |
"Seid Gott willkommen, Herr Neidhart,
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euch sei geschenckt an diser fart." |
euch sei eingeschenkt auf diesem Weg."
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ich saß in einem swaisse, |
ich kam ins Schwitzen
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ich sprach:"ich pin dem Neidhart ungeleiche, |
und sprach: "Ich bin dem Neidhart ungleich,
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ich pin ein jeger, mir ist zorn, |
ich bin ein Jäger und voller Zorn,
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ich hab die hunde sein verlorn, |
ich habe die Hunde des Fürsten
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des fursten von Osterreiche." |
von Österreich verloren."
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VII
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Engelmair in da gepot |
Engelmair bot ihm da
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bei dem Leben an den todt, |
bei dem Leben an den Tod,
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das sie sich saczten alle. |
dass sie sich alle setzten.
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so zuhant da schankt man ein |
Sogleich schenkte man
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den vil klaren osterwein, |
den sehr klaren österreichischen Wein ein,
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den truncken sie mit schalle. |
den sie mit Geräuschen tranken.
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er sprach: "und wolt ir gogelfur erkennen, |
Er sprach: "Und wenn ihr das Treiben von Torheiten erkennen werdet,
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so siczt und seit ein frolich man, |
so seid ruhig und seid ein fröhlicher Mann,
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ich hilf euch mit gemach hin dan, |
ich helfe euch mit Wohlbehagen dann aus,
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wolt ir mich nimmer nennen." |
dass ihr mich nicht mehr beim Namen rufen werdet."
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VIII
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"Dir sei gelobet an die hant: |
Dir sei auf die Hand versprochen:
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du wirst von mir nicht mer genant, |
du wirst von mir nicht mehr genannt,
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was ich will furbas singen, |
was ich weiter singen will,
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und auch was gedichten kan, |
und auch in meinen Gedichten,
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du haist der ungenante man, |
wirst du der namenlose Mann sein,
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du solt frolichen springen, |
du sollst fröhlich springen,
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und hais die öden schaiden aus dem garten." |
und befehle den öden ??? den Garten zu verlassen."
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"wol auf, ir herrn, wir sollen gan |
"Wohl auf, ihr Herren, wir sollen
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gar zuchtiglichen auf den plan |
züchtig auf den Platz gehen
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und dienen frauen zarten." |
und den lieben Frauen dienen."
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IX
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Die verswunden so zuhant, |
Sie verschwanden so eilig,
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do bracht man mir ein gut gewant, |
da brachte mir ein gutes Gewand.
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das must ich dannen furen |
dann musste ich von dannen fahren
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darczu so gabns mir ein pfert, |
dazu gaben sie mir ein Pferd,
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das was wol dreissig pfunde werdt |
das war wohl dreißig Pfund wert
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und zeltet nach den schnúren. |
und ging im Passgang an den Zügeln.
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des danckt ich schon den manen und den frawen |
Dafür dankte ich den Männern und den Frauen
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und rait daczu in auf den plan, |
und ritt zu ihnen auf den Platz,
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da mochten siben hundert stan, |
da standen gut siebenhundert Menschen,
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die mich begunden schawen. |
die mich anschauten.
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X
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Auf die rais so was mir gah, |
Auf der Reise war es mir so,
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mir ward ein michel kaffen nach |
als ob mir jemand hinterher gaffte,
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von liechten augen schöne. |
von leuchtend schönen Augen.
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Friderunen näckelin, |
Frideruns Nacken
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das gab fur die andern schein, |
das wurde für die anderen Sichtbar,
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mit lob ichs imber kröne. |
das kröne ich immer mit Lob,
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ich rait gein Wien und sagt die abenteure, |
Ich ritt nach Wien und erzählte von den Abenteuern,
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wie sie mir alle trúgen has, |
wie sie mir alle Hass entgegentrugen,
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da ich in dem garten saß, |
als ich dem Garten saß,
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iedoch ward mir ir stewre. |
jedoch hatte ich ihre ?Unterstützung?.
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XI
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Der herczog sandt gein Zeisselmaur, |
Der Herzog sandt gen Zeisselmaur,
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er lie frei den selben pauer |
er ließ den selben Bauern
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und all sein hausgenossen. |
und alle seine Hausgenossen frei.
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des ward fro der Engelmar, |
Darüber freute sich Engelmar,
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der mir half frölich von der schar |
der mir fröhlich aus der Schar half,
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wol auf des reiches strassen. |
auf die Straße zu kommen.
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und Engelmair wil ich nimmer nennen, |
Und Engelmair will ich nicht mehr erwähnen,
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er haist der ungenante man, |
er ist der ungenannte Mann,
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der wol mit Friderúnen kan, |
der wohl bei Friederun war,
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ir múgt in wol erkennen. |
ich glaube ihr kennt ihn.
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Mittelhochdeutsch |
Neuhochdeutsch
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Der winter hât ein ende. |
Der Winter ist vorüber.
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komen ist uns der meie, |
Der Mai ist nun gekommen
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der uns bluomen bringet mager leie. |
und bringt uns mancherlei Blumen.
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ich hoer diu vogelîn singen. |
Ich höre die Vögelein singen.
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wir suln alle springen, |
Wir sollen alle tanzen
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sîn gemeit. |
und fröhlich sein.
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der walt ist wol geloubet, |
Der Wald ist voller Laub,
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diu linde guldîn tolden treit. |
die Linde trägt goldene Baumkronen.
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Der linden welnt ir tolden |
Die Linde wählt ihre Kronen aus,
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von niuwem loube rîchen; |
die von neuem Laub besetzt werden;
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da under lâzent nahtigal dar strîchen: |
darunter macht sich die Nachtigall zurecht:
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si singent wol ze prîse |
Sie singt wohl, um
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vremde süeze wîse, |
die schöne Wiese aus der Ferne zu preisen,
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doene vil. |
viele Töne.
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si vreunt sich gein dem meien: |
Sie freut sich über den Mai:
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sîn kunft diu ist ir herzen spil. |
Seine Ankunft vergnügt ihr Herz.
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Si sprechent, daz der winder |
Sie sagen, dass der Winter
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hiuwer sî gelenget. |
dieses Jahr lange war.
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nu ist diu wise mit bluomen wol gemenget, |
Nun ist die Wiese mit schönen Blumen übersät,
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mit liehter ougenweide |
ein strahlender Anblick sind
|
rôsen ûf der heide |
die Rosen auf der Heide,
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durch ir glanz. |
die durch und durch schimmernd.
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der sante ich Vriderûnen |
Davon sandte ich Friderun
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einen wolgetânen kranz. |
einen wohl beschaffenen Kranz.
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Die vogele in dem walde |
Die Vögel im Wald
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singent wünneclîchen. |
singen wonniglich.
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stolze mägde, ir sult ein niuwez tîchen. |
Ihr stolzrn Mädchen, ihr sollt Neues schaffen.
|
vreut iuch lieber maere! |
Freut euch über diese gute Nachricht!
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manedes herzen swaere |
Die Schwere mancher Herzen
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wil zergân. |
wird vergehen.
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tuot, als ich iuch lêre, |
Tut, so wie ich es euch gelehrt habe
|
strîchet iuwer kleider an! |
und pflegt eure Kleidung!
|
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Ir brîset iuch zen lanken, |
Schnürt euch die Hüften zu
|
stroufet ab die rîsen! |
und streift den Schleier ab!
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wir sulnz ûf dem anger wol wikîsen. |
Wir sollen auf der Wiese tanzen.
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Vriderûn als ein tocke |
Friderun tanzte wie eine Puppe
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spranc in ir reidem rocke |
in ihrem Kleid
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bî der schar: |
um die Schar:
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des nam anderthalben |
Das nahm Engelmar auf der anderen Seite
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Engelmâr vil tougen war. |
ganz im Verborgenen wahr.
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Dô sich aller liebes |
Als sich alle Liebenden
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gelîch begunde zweien, |
gewährten, sich zu zweit aufzustellen,
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dô sold ich gesungen haben den reien, |
da sollte ich den Reigen singen,
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wan daz ich der stunde |
gleichwohl ich mich von diesem Moment
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niht bescheiden kunde |
nicht losreißen konnte
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gegen der zît |
gemäß der Jahreszeit
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sô diu sumerwünne |
gibt die Sommerwonne so
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manegem herzen vreude gît. |
manchem Herzen Freude.
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Nu heizent sî mich singen; |
Nun sollte ich also singen;
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ich muoz ein hûs besorgen, |
Ich muss ein Haus suchen,
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daz mich sanges wendet manegen morgen. |
an manchen Morgen am Gesang hindert.
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wie sol ich gebâren? |
Was soll ich tun?
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mirst an Engelmâren |
Engelmar scheint mir
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ungemach, |
unfreundlich zu sein,
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daz er Vriderûnen |
da er Friderun
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ir spiegel von der sîten brach. |
den Spiegel aus der Seite riss.
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Sîner basen bruoder |
Dem Bruder seiner Base
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hiet sis wol erlâzen. |
hätte sie es wohl erlassen.
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er kan sich deheiner dinge mâzen; |
Er kann sich nicht mäßigen,
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er ist ein toerscher Beier. |
er ist ein törichter Bayer.
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er un der junge meier |
Er und der junge Meier
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tuont ir leit. |
haben ihr Leid angetan.
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noch hât sî den vriunt, |
Noch hat sie den Freund,
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der imz die lenge niht vertreit. |
der ihr das lange Zeit nicht verwehrte.
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Dar umbe wil sie aber |
Darum will sie aber
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ein Engelmâr vertrîben. |
den Engelmar vertreiben.
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er ist ein gemzinc under jungen wîben. |
Er ist wie ein Gemsbock unter den jungen Weibern.
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er ist ein ridewanzel, |
er ist einer der den Ridewanzel tanzt,
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in dem geu vortanzel. |
ein Vortänzer in der Gegend.
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sîn gewalt |
Seine Gewalt
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der ist an dem reien |
ist beim Tanz
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under den kinden manicvalt. |
unter den Mädchen wohl bekannt.
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Daz ist Friderûne |
Das ist Friderune
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ein lange werndiu swaere |
die lange Zeit unter
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von Engelmâre dem toerschen tanzprüevaere, |
Engelmar, dem törichten Tanzleiter leiden musste,
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daz er ir torste lâgen. |
dass er ihr mutig nachstellte,
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daz klagtes al ir mâgen. |
beklagte die ganze Menge.
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umbe den schal |
Auf das Getöse
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solt dû dich nu hüeten, |
sollst du nicht achten,
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Friderûn! fliuch gein Riuwental! |
Friderun! Fliehe nach Reuental!
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Der het ir genomen |
Er hat ihr im Scherz
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in schimphe ein tockenwiegel. |
eine Puppenwiege weggenommen.
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daz hiet wir verklagt, niewan den spiegel |
Das hätten wir verkraftet, aber nicht den Spiegel
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(der was von helfenbeine, |
(Er war aus glänzendem Elfenbein
|
waehe, ergraben kleine), |
und schön verziert),
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den sîn hant |
den seine Hand
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ir nam gewalticlîche; |
ihr gewaltsam entriss;
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dâ von al mîn vreude swant. |
Deshalb verschwand meine Freude.
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Ir sult mirz wol gelouben, |
Ihr könnt mir ruhig glauben,
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ich sag iz niht gerne: |
ich sage es nicht gerne:
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diu spiegelsnuor diu kom her von Iberne |
Die seidene Schnur des Spiegels kam aus Iberien
|
ez was ein waeher borte. |
es war eine kunstreiche Einfassung.
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niden an dem orte |
unten im Ort
|
stuonden tier |
standen Tiere
|
geworht von rôtem golde. |
gewirkt in rotem Gold.
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nie geschach sô leide mir. |
Nie geschah mir ein solches Leid.
|
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Daz ich niht froelîch singe, |
Dass ich nicht fröhlich singe,
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daz wendet mir ein swaere, |
bereitet mir Schmerzen,
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von der ich alsô gerne ledic waere. |
von denen ich so gerne frei wäre.
|
diese dorfgebûwer |
Für diese Dorfbauern
|
die nimt des gar untûwer; |
ist das alles unbedeutend;
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sie tragent mir haz. |
sie sind mir verhasst.
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ob si niht enwaeren, |
Wenn sie es wahr machen,
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sô sunge ich für wâr fürebaz. |
so singe ich wahrlich weiter.
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Erkenbreht und Uoze |
Erkenbreht und Uoze
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und der ungenante, |
und der ungenannte,
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Gôzbreht, der mich ofte sanges wante, |
Gôzbreht, der mich oft vom Singen abgehalten hatte,
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die sint nu gar gesweiget |
die sind nun ganz verstummt
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unde ihr freude seiget |
und ihre Freude
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hin und her. |
wiegt hin und her.
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ir schîbe, diu gienc ebene, |
Ihr Kreis, der ging gleichmäßig,
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diu ust gestrûchet nû entwer. |
er kam wahrhaftig ins Straucheln.
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Frou Hilde und getelinge, |
Frau Hilde und Gesellen
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die sprungen an ir hende, |
tanzten an ihren Händen.
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ir tanz der was dô âne missewende. |
Ihr Tanz war nicht vergeblich.
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nu habent sî erworben, |
Nun haben sie erreicht,
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daz er ist verdorben. |
dass er zu Schaden kommt.
|
ir üppekeit |
Ich vermute, ihre Übertriebenheit
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ich waen diu hât geprüevet |
ist für so manches
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in manec gespötte unde leit. |
Gespött und Leid verantwortlich.
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